Die Bauteile werden immer kleiner. Manche bekommt man gar nicht mehr als THT Version und oft sind SMD Teile auch günstiger. Zudem lassen sich SMD Bauteile mit einem normalen Lötkolben schlecht oder z.B. bei BGA Bauteilen gar nicht Löten. Daher ist der Bau eines Reflow Ofens nicht nur eine Erleichterung sondern auch eine kleine Investition in die Zukunft.
Basis des Reflow Ofens
Als Basis verwende ich entgegen der meisten selbstgebauten Reflow Ofen keinen Pizzaofen, sondern eine alte kaputte Mikrowelle. Da es ein Multifunktionsgerät mit Grillfunktion war, hat es schon ein 950 Watt Heizelement an der Oberseite. Zudem einen Umluftlüfter und das Grundgehäuse ist aus Edelstahl und sehr stabil. Also perfekt zum Umbau geeignet.
Trotzdem reicht das integrierte 950 Watt Heizelement nicht aus, um ein ordentliches Lötprofil zu fahren. Also werden noch zusätzliche Heizelemente aus Pizzaöfen eingebaut.
Heizstäbe aus anderen Pizzaöfen ausbauen
Ein Pizzaofen wurde ausrangiert, der andere war ein Fehlkauf. Ich beginne also damit die Gehäuse auseinanderzuschrauben bzw. eher auseinanderzunieten.
Den Lüfter kann ich später noch gebrauchen, um meine SolidState Relais zu kühlen…
Die ersehnten Heizstäbe. 4 Stück mit je 300 Watt Leistung
Der andere Pizzaofen. Nagelneu aber ein Fehlkauf. Neben den Heizstäben werden die Grillroste benötigt, wo später die Platinen aufgelegt werden.
Die Seitenwand mit dem Umluftmodul wird ebenfalls weiterverwendet
Wieder 4 Heizstäbe. Diesmal mit 350 Watt Leistung, da diese etwas länger sind.
Entkerntes Gehäuse von dem die Seitenwand herausgeschnitten wird
Mikrowelle entkernen
Nachdem ich die Heizstäbe aus den anderen Pizzaöfen habe, kann es an den Umbau der Mikrowelle gehen. Als erstes alles raus was keine Miete zahlt… Magnetron, Elektronik, eigentlich alles
Mit dem Hochspannungsnetzteil kann man noch ganz interessante Sachen bauen. Schon lange wollte ich eine Tesla Coil bauen. Dazu aber irgendwann einmal mehr
Das Bedienelement wird später gegen eine eigene Elektronik und Bedienpanel ersetzt
Die „nackte“ Mikrowelle
Mikrowellengehäuse für weitere Heizstäbe vorbereiten und Montage
Nachdem die Mikrowelle entkernt wurde geht es daran, die zusätzlichen Heizstäbe und die „Umluftwand“ einzubauen. Dazu werden passende Löcher und Durchbrüche in das Gehäuse gebohrt/geschnitten.
Zur Stabilisierung der Heizstäbe und des dünnen Edelstahlbleches werden Aluminiumprofile eingesetzt. Auch um später die Grillroste aufnehmen zu können, werden daraus Halterungen erstellt
Anschließend wird alles mit Nieten montiert
Um die Hitze der Heizstäbe von der Tür etwas fernzuhalten, werden Aluprofile zur Schirmung eingesetzt
Ganz zum Schluss der Arbeiten setze ich die Heizstäbe ein
4x 300 Watt
4x 350 Watt
1x 950 Watt
Macht in Summe 3550 Watt. Gerade so viel, wie man aus einer normalen Steckdose mit 16A Vorsicherung ziehen kann.
Das sollte auch genug (Heiz-)Leistung sein, um ein ordentliches Lötprofil fahren zu können.
Damit die Hitze auch drinnen bleibt wird das Gehäuse noch mit Keramikwolle, welche auch im Ofenbau eingesetzt wird, gedämmt.
Steuerelektronik
Zur Steuerung der Heizstäbe werden Solid-State Relais (SSR) verwendet. 2 Stück. Einmal für Ober- und einmal für Unterhitze. Zusätzlich werden diese durch einen Lüfter aktiv gekühlt (eigentlich nicht nötig aber der Lüfter war aus dem Ausschlachten des Pizzaofens noch übrig)
Das Bedienpanel besteht aus einer Frontplatte aus Aluminium mit einer aufgeklebten Folie zur Beschriftung
Da ich den Ofen nicht nur zum Reflow Löten verwenden will, sondern auch um z.B. Plexiglas zu Tempern (70-80°C für mindestens 2 Stunden) oder Bauteile vor dem Reflow Löten zu trocknen (120°C für 6-12 Stunden) setze ich einen PID Regler ein (im Bild oben).
Stromverteilung (provisorisch auf Lochrasterplatine aufgebaut, wird später durch eine geätzte Platine ersetzt):
Fertig zusammengebauter Reflow Ofen
Der „Garraum“…
…bietet verschiedene Optionen um die Roste zu positionieren. Für jeden Anwendungszweck anpassbar. Die schwarze Wanne dient der Abschirmung der Hitze von den unteren Heizstäben und kann (vor allem beim Tempern wichtig) einen Schamottstein oder ähnliches aufnehmen, um die Temperatur konstant zu halten.
Ober- und Unterhitze wie auch die Lüfter lassen sich über das Bedienpanel separat zu- bzw. abschalten. Auch die Verwendung einer externen Steuerung (Controller für den Reflow Lötprozess) ist möglich.
Zur Steuerung des Reflow Lötprozesses habe ich mir eine aus einem Kickstarterprojekt fertige Steuerung hergenommen. Könnte eigentlich auch eine selbst entwickeln aber bei der wenigen Zeit die ich zurzeit habe will ich nicht auch noch dafür Zeit investieren. Platine mit Display habe ich also gekauft. Das Gehäuse ist wieder selbst hergestellt.
Leider habe ich davon keine Bilder vom Entstehungsprozess gemacht. Daher nur die fertigen Bilder des Gerätes im Einsatz. Es kann ein bleihaltiges- und ein bleifreies Lötprofil ausgewählt werden.
Das Lötprofil wird erstaunlich gut abgefahren. Nicht zuletzt wegen der hohen Leistung. Manchmal ist mehr eben doch mehr. Zum Vergleich:
Herstellervorgabe der Lötpaste (Bleihaltig)
Aufgenommene Temperaturkurve eines Lötprozesses
Erste Platinen sind auch schon gelötet worden. Unter anderem von meinem neuen Smart Home Projekt. Dazu bald mehr aber vorerst ein paar Platinenfotos davon, welche mit diesem Reflow-Ofen gelötet wurden:
Hallo tolles Projekt, können Sie mir bitte sagen welchen reflow Controller sie nutzen und wie er angeschlossen wird?
Der Reflow Controller war aus einem Kickstarter Projekt aus den USA. Leider nicht mehr erhältlich.